Dienstag, 26. Oktober 2010





Je nun! Aufgrund einer langen intermedialen Abgeschiedenheit, begründet durch gewisse Einschränkungen des Zugangs zum Internet von China aus, ist durch die fehlenden Informationen ein schwer zu überbrückendes Loch in der Chronologie entstanden.
Zumindest ist seit Gregor´s Rückkehr nach Schanghai, letzten Dezember, soviel geschehen,
dass sich dies unmöglich in einem einzelnen Artikel verarbeiten lässt.
Deshalb wird das letzte dreiviertel Jahr in zwei Teilen verarbeitet. Hier nun Teil 1:

Nach seiner Ankunft setzte Gregor seine bis dato erfolglose Suche nach einem örtlichen Siebdruckstudio fort, welche noch bis in den Februar hinein auch erfolglos bleiben sollte.
Die Möglichkeit, im Dresdner Wildsmile-Studio drucken zu dürfen, hat sich für die Brüder
zwar als glückliche Fügung erwiesen, doch da man dort auch noch andere Dinge zu tun hat,
und Gregor nicht zuletzt selbst das Rakel schwingen möchte, tat eine entsprechende Möglichkeit vor Ort Not.

Ein Hoffnungsschimmer glomm Mitte Februar auf, als dieses Zeitungsinserat einen Siebdruck-Workshop anpries, bei welchem, zumindest suggerierte das der Inhalt der Anzeige,  man seine eigenen Motive drucken könne.
Daraufhin rückte Gregor mit seinem USB-Stick dort an, in der Hoffnung dort einen vielfarbigen Kunstdruck ins Werk setzen zu können. Schon die Idee allein bezeugt, in welch unirdischen Gefilden der sogenannte Herr Künstler mit seinen Vorstellungen dahingaukelt.

Es sollte sich nämlich herausstellen, dass es sich bei besagtem Workshop um eine Art Massenveranstaltung handelte, bei welcher einer grossen Anzahl von Leuten das Siebdruckverfahren im Groben erklärt wurde, wonach diese auf bereitgelegten Zetteln, vorgegebene Motive durchrakeln konnten. Dies mit reichlich Bier und lauter Musik. Der Nervenkitzel bei der Sache war, keine Farbe auf seine Klamotten zu bekommen.
Alles in allem eine Veranstaltung die eher den Charakter eines Bastelnachmittags hatte, anstatt auf fachlichem Erkenntnis - bzw. Erfahrungsgewinn abzuzielen.
Im Rahmen dessen gab es noch eine Verkaufsausstellung des gastgebenden Studios, Idle Beats mit Namen.

Auch wenn sich die Sache nicht so darstellte, wie Gregor sich das vorgestellt hatte, kam er anschliessend mit Nini Sum, der Veranstalterin des Themennachmittags, Leiterin, Verkaufsmanagerin, sowie Grafikerin und Druckfachkaft in Personalunion bei Idle Beats, ins Gespräch. Die Unterhaltung war von Sympathie und gegenseitigen Interesse für die Arbeit des jeweils anderen geprägt. Obwohl sich Nini sehr für Gigposter begeistert, hatte sie noch keine Gelegenheit Eines zu gestalten bzw. zu drucken. Überhaupt stünde Idle Beats noch recht am Anfang, was anhand der beim Workshop zu Verfügung gestellten Arbeitsmaterialien schon zu vermuten war. So ging man diesen Abend mit dem Versprechen auseinander, bald einmal gemeinsame Projekte anzugehen.

Entgegen der üblichen Unernsthaftigkeit die man solcherlei Versicherungen beimisst, kam es dazu dann doch schneller als man überhaupt zu hoffen gewagt hatte.
Just zu dieser Zeit machte sich nämlich das Shelter, ein ortsansässiger Technoklub, anheischig einmal im Monat zu bestimmten Veranstaltungen ein Siebdruckplakat in geringer Auflage zu Promotionszwecken in Auftrag zu geben. Diese sollten in wechselnder Folge von lokalen Künstlern gestaltet und bei Idle Beats gedruckt werden.
Zu diesem Zweck trafen sich Nini und Gregor gleich eine Woche darauf im Studio. Bei diesem historischen Termin wurde das wahrscheinlich erste Gigposter (nach neumedialer Definition) von Schanghai gedruckt.
Shackleton ein Dubstep-Liveact aus UK spielte auf, wofür Zeke Clough das Posterdesign erarbeitete.

In den folgenden Wochen und Monaten sollten noch einige weitere Plakate zu dieser Reihe entstehen, doch erstmal nach Dresden.

Der Leser wird sich an das im vorigen Artikel erwähnte Wooden Shjips-Poster für die New Haven-Show erinnern. Hierüber ist es zum Kontakt mit der Band gekommen, welcher das Plakat derart gut gefiel, dass diese auch gleich einen Schub Siebdrucke zur geplanten Europatournee in die vertrauensvollen Hände der Gebrüder legten.
Nach den selbstgestellten Ansprüchen von Gregor, musste das Ganze diesmal noch bunter, noch psychedelischer ausfallen. 
Für den Versuch das Motiv zu erklären, müsste man relativ weit ausholen, wobei sowohl die Syrianer von Beteigeuze als auch der CIA, Sexualmagie und selbstverständlich LSD die terminalen Grundpfeiler ausmachen würden.
Wir wollen jedoch dem Leser nicht mit Dingen die Zeit stehlen, welche wohl (neben Pornoseiten) 80% der Inhalte im Internet auszumachen scheinen, sobald man nur diese Schlüsselbegriffe googelt.

Ziemlich knapp danach flatterte der Auftrag, ein Siebdruckposter zur Premiere des Films „Died Young, Stayed Pretty“ zu produzieren, ins Haus.DieTatsache, dass selbiger das Gigpostermovement in Übersee zum Thema hat, dürfte diese Maßnahme ausreichend rechtfertigen.
Da Gregor zu diesem Zeitpunkt noch an der Wooden Shjips-Europa Tour zu knabbern hatte, musste hierfür Clemens das erste Mal beim Motiv ran.
Das Ergebnis kann sich, nach Meinung der Redaktion, mehr als nur sehen lassen.
„Auf jeden Fall eine spannende Geschichte, denn warum Siebdruckplakate nur für Konzerte gestalten? Das Medium Kinofilm bietet nicht weniger Potential.“, lamentierte Gregor Körting bei der Besprechung dazu.

Zwischendurch gab es noch eine erwähnenswerte Sache, welche jedoch weniger, ja eigentlich nichts mit Siebdruck und Rock n´Roll zu tun hat.
Im Dresdner Szenelokal „Altes Wettbüro“ wurde nämlich eine Wandmalerei gewünscht, wofür sich Clemens, der Malerfreund Dominik Meyer und Jacob, ein weiterer Bruder, bereit erklärten, eine derartige Gestaltung zu übernehmen. Ob des engen Zeitfensters für die Realisierung, musste diese Aktion auch recht fix über die Bühne gehen.

In Schanghai ließ sich derweil die Posterreihe für´s Shelter als gute Gelegenheit an, den Eingeborenen das Begehrenswerte an handgedruckten Veranstaltungsplakaten zu vermitteln.
Zum Einen bekamen sowohl Nini als auch Gregor die Gelegenheit ebenfalls ein Plakat zu gestalten. Doch das nicht genug, hatte Idle Beats die Zustimmung des Klubs ihre Arbeiten an einem Stand während der Show anbieten zu können, wobei man vor allem mit den Besuchern des Ladens ins Gespräch und damit ins allgemeine Gerede kam. Hieraus ergaben sich eine ganze Anzahl neuer Perspektiven für die brandneue Kollaboration.


Auch der erste Termin für Übersee, The Pains of Being Pure at Heart auf der Daniel Street in Milford CT, hätte eine super Sache sein können, wenn sie nicht zu einem totalen Reinfall geraten wäre.
Als Grund hierfür wären vielleicht die bescheidenen Mittel des noch jungen Studios anzugeben. Aber in erster Linie fiel die „super-Sache“ der fast schon krankhaften Experimentierlust des Gregor Körting zum Opfer.
Wenn das Design sich nicht schon an der Grenze des Nachvollziehbaren bewegte, dann
hatten die Pläne für Druck und das zur Verwendung bestimmte Material, welche
schlicht die Fähigkeiten der Beiden überforderten, das Projekt zum Scheitern gebracht.

Gedruckt werden sollte mit drei halbtransparenten Ebenen, auf einem chromsilbernen Karton, von dem Nini noch in dunkler Vorausahnung abriet, als sich Gregor im Papierhandel in ihn verliebte. Nicht nur, dass der erträumte, durch alle Ebenen durchschimmernde Metalliceffekt ausblieb . Nein, schlimmer noch, der Mist trocknete auf dem völlig unsaugendem Untergrund nicht ab und ist klebrig bis auf den heutigen Tag.
Anschliessend konnte man sich diese Niederlage nur noch mit den gewonnenen Erfahrungswerten schönreden. Naja, selber schuld!